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Eine Pilzerkrankung wird in der Medizin als Mykose bezeichnet. Entsprechend wird bei einer Pilzerkrankung der Scheide durch Hefepilze (es sind fast immer Candidaarten) von Vaginalkandidose gesprochen. Wenn die Vulva (kleine und/oder grosse Schamlippen) mitbetroffen sind, spricht man von Vulvovaginalkandidose.

Im angloamerikanischen Schrifttum hat sich der nicht ganz korrekte Begriff „candidiasis“ durchgesetzt, der wegen der Bedeutung der englischen Fachliteratur akzeptiert ist. Die Endung –iasis wurde nämlich immer den parasitären Erkrankungen vorbehalten, z. B. Trichomoniasis. Die Empfehlung, den Erreger mit dem Krankheitsort in Verbindung zu bringen, umgeht diese Problematik bei zusätzlich verbesserter Genauigkeit: z. B. Candida albicans – Vaginitis.

Vulvovaginalmykosen werden praktisch immer von Candidaarten verursacht. Es gibt über 100 Candidaarten in der Natur. Das sind mikroskopisch kleine Hefepilze (Sprosszellen, Blastosporen s.Bild oben!) in etwa der Grösse eines roten Blutkörperchens, die sich im Fall einer Infektion zu fadenartigen Pseudohyphen/Pseudomyzelien (s. Bild unten!) verlängern können und im Mikroskop zu sehen sind .

Beim gesunden Menschen sind fast immer Candidaarten im Mund und Magen – Darm –Trakt in kleinen Mengen von bis zu 10 (hoch)2 – 4 / g bzw. /ml zu finden, ohne dass Behandlungsbedarf besteht. Allgemein gilt aber: je kränker der Mensch, umso häufiger eine Pilzkolonisation (-besiedlung). So haben Menschen mit Karies oder einer Zahnvollprothese öfter und in höheren Keimzahlen eine orale Candidabesiedlung als solche mit gutem Zahnstatus.

Die medizinisch häufigste Candidaart ist Candida (C.) albicans. Etwa 80 – 90 % der Kandidosen werden von ihr verursacht. Die weiteren, klinisch wichtigen Arten sind C. glabrata, C. krusei, C. parapsilosis, C. guilliermondii, C. tropicalis, C. pseudotropicalis u.a.
Äusserst selten ist Backhefe ( Saccharomyces cerevisiae ) auch in der Scheide.

Alle Mykosen sind „opportunistische“ Erkrankungen, sie brauchen einen immunologisch geschwächten Wirtsorganismus. Das gilt auch für Vaginalkandidosen, obwohl sie meistens Frauen bei anscheinend bester Gesundheit treffen! Die immunologische Problematik der Vaginalkandidose ist noch nicht komplett verstanden. Sicher sind genetische Dispositionen, entzündliche/infektiöse und allergische/inflammatorische Prozesse. Hier liegt heute der Schlüssel zum Verständnis dieser gelegentlich lästigen Erkrankung.

C. albicans braucht den Einfluss der Eierstockhormone, um in der Vagina gute Lebensbedingungen vorzufinden. Etwa 30 % der gesunden Frauen im reproduktionsfähigen Alter sind in der Scheide von Candidarten besiedelt. Das ist nicht behandlungsbedürftig, solange nicht besondere Abwehrschwächen bzw. Erkrankungen hinzukommen.

Eine Vaginalkandidose äussert sich typischerweise durch Juckreiz im Scheideneingang, Rötung, Schwellung und verändertem Ausfluss. Jedoch haben nur etwa die Hälfte der Frauen, die über genitalen Juckreiz klagen, eine Vulvoaginalkandidose! Deshalb wird davor gewarnt, vor Aufsuchen eines Gynäkologen immer selbst zu therapieren. Heute werden über 80 % der Medikamente gegen Vaginalkandidosen (Antimykotika) ohne Rezept frei in der Apotheke gekauft. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die von der Patientin vermutete Diagnose nur in einem Drittel der Fälle richtig war! Juckreiz im Genitalbereich kann auch bei einer Hauterkrankung (z.B. Lichen scerosus) oder Vorstadium einer bösartigen Erkrankung an den Schamlippen (Vulvakarzinom) vorkommen.

Häufige vulvovaginale Therapien, gelegentlich auch eine nur einmalige Antibiotika- oder Antimykotikabehandlung können bei entsprechend disponierten Frauen zur sehr belastenden Vulvodynie/ vulvären Vestibulitis – Syndrom/ burning vulva – Syndrom führen.

Pseudohyphen und Blastosporen in der Vagina mit Laktobazillusflora

Man kann Hefepilze im Mikroskop in etwa 75% der Fälle einer Vaginalkandidose finden (siehe Foto). In Zweifelsfällen und bei chronischen Rezidiven wird eine kulturelle Anzüchtung (Pilzkultur) mit Bestimmung der Candidaart empfohlen. Das ist wichtig, weil z. B. C. glabrata und C. krusei gegen oral einzunehmende Antimykotika nicht empfindlich sind.
Man spricht von einer chronisch rezidivierenden Vulvovaginalkandidose, wenn mindestens 4 Attacken pro Jahr bei einer Frau auftreten und die Erkrankung durch eine Pilzkultur mit Artbestimmung gesichert ist. Dies ist ein medizinisch bisher ungelöstes Problem, denn die wenigsten dieser Frauen leiden an einer erkennbaren immunologischen Schwäche, z. B. Diabetes mellitus.
Es gibt eine medizinische Leitlinie zur Vulvovaginalkandidose und deren Therapie (www.dggg.de – aktuelle Leitlinien).

Bei der normalen Geburt wird C. albicans auf das Neugeborene übertragen. Reife, gesunde Neugeborene sind aber immunologisch noch relativ schwach und können deshalb später (der Häufigkeitsgipfel liegt mit ca. 10 % in der 2. bis 4. Lebenswoche) eine Mundkandidose („Mundsoor“) und eine Hautkandidose am Po und der Genitalhaut („Windeldermatitis“) erleiden. Deshalb sollte die werdende Mutter 4 bis 6 Wochen vor der Geburt auf Pilze in der Scheide untersucht und bei deren Nachweis behandelt werden. Seit einigen Jahren gibt es auch Hinweise darauf, dass eine Candida-Kolonisation der Scheide, besonders wenn sie im 2. Schwangerschaftsdrittel vorkommt, Frühgeburten fördert.