Herpes simplex-Infektionen zählen zu den nicht meldepflichtigen sexuell übertragbaren Infektionen. Ihr Vorkommen ist von äußeren (Sexualverhalten, Drogenmissbrauch, bakterielle Vaginose) und endogenen(Ethnie, Alter, Immunologie) Faktoren beeinflusst und ein globales Gesundheitsproblem [1].
Schwangere mit anamnestisch rezidivierenden labialen oder genitalen Herpes simplex-Infektionen sind häufig. Aber auch deren Partner oder medizinisches Personal, das Schwangere oder Neugeborene betreut, kann darunter leiden und somit eine Gefahr für das Neu- oder Frühgeborene werden.
Erreger
Zu den Herpesviren zählen u. a. die Herpes simplex-Viren Typ 1 und Typ 2 (HSV 1 und 2) [2, 3]. HSV 1 galt primär als Erreger des Herpes labialis sowie von Gingivostomatitis, Keratokonjunktivitis, Ösophagusulzerationen und (selten) Enzephalitis. HSV 2 wurde als primärer Verursacher des Herpes genitalis und des Herpes neonatorum gesehen. Diese bisherige Zuordnung stimmt so nicht mehr.
Das Herpes simplex-Virus tritt bei der Infektion in eine Zelle ein, vermehrt sich und führt ggf. zu klinischen Symptomen. Es wird dann über axonalen Transport in das regionale Ganglion gebracht (bei Herpes genitalis in das Lumbosakralganglion), wo es lebenslang verbleibt und bei endogenem oder exogenem Stress bzw. bei Immunsuppression reaktiviert wird. Läsionen und andere sexuell übertragbare Infektionen (sexually transmitted infections/STI) begünstigen die HSV-Infektion und umgekehrt.
Besonders bedeutsam ist das in Ländern mit hohem Vorkommen der Infektion mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV) – dann können schwere und ungewöhnliche Verläufe vorkommen [4].
Virusausschüttung
HSV kann periodisch in latent infizierten Zellen, besonders oft bei HSV 2, reaktiviert werden. In einer prospektiven Studie mit 498 HSV 2 seropositiven Personen war die Virusausschüttung größer bzw. häufiger, wenn sie zuvor klinische Zeichen einer HSV 2-Infektion gehabt hatten, und trat insgesamt an 85 von 519 asymptomatischen Tagen (entspricht 16,4 %) auf [5]. Diese klinisch unbemerkte Virusausschüttung („shedding“) wurde auch in weiteren Studien nachgewiesen [6].
Epidemiologie
Die Infektion mit HSV 1 erfolgt – meist nicht sexuell – in der Kindheit.
Sie kann mit oder (in etwa 90 % der Fälle) ohne klinische Symptomatik erfolgen. In Deutschland ist jedes 5.Kind im Alter von 2 bis 3 Jahren bereits HSV 1-positiv, Erwachsene später in über 90 % der Fälle. Mit HSV 2 sind 4 % der Kinder und Jugendlichen bis zum 15. Lebensjahr und 18 % der Frauen im gebärfähigen Alter infiziert [3].
Im Rahmen einer prospektiven Untersuchung im Kontrollkollektiv zur Testung eines Impfstoffs bei 3.438 HSV 1- und 2-seronegativen amerikanischen Frauen im Alter von 18 bis
30 Jahren wurden innerhalb von 20 Monaten 3,7 % der Probanden neu mit HSV 1 und 1,6 % mit HSV 2infiziert. 74 % der HSV 1- und 63 % der HSV 2-Infektionen erfolgten symptomlos. Es waren signifikante ethnische Unterschiede erkennbar.
84 % aller klinischen HSV-Erkrankungen waren genital lokalisiert, und es gab keine Unterschiede in der klinischen Erscheinung von HSV 1 und 2 [7].
In einer weiteren prospektiven Stu- die mit 498 amerikanischen HSV 2 seropositiven Frauen war zwischen 1992 und 2008 die Frequenz des „viral shedding“, also der Infektiosität, mit täglich entnommenen Abstrichen über mindestens 30 Tage untersucht worden: HSV 2 konnte dabei in 20,1 % bei 410 Personen mit klinischer Herpessymptomatik […]